Satire: Inside Bank Rupp & Cie – Kapazitätsengpass

Inside Bank Rupp & Cie (bæŋkrʌptsi) ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema Fokus.

«Ertragsmässig waren wir letzten Monat zwei Komma drei Prozent über dem Businessplan», konstatierte Dr. Heiko Schmidt und lächelte zufrieden. Als Hans «Joe» Spalinger überhaupt nicht reagierte, wiederholte er seine Aussage. «Plus zwei Komma drei», sagte der Finanzchef der Rupp & Cie.

«Ja, klar», kommentierte der Bankenchef mit einiger Verzögerung. Schmidt sah ihn, nicht zum ersten Mal an diesem Morgen, verwundert an.

Dann schweiften Spalingers Gedanken wieder ab. Es schien, als sei er erneut völlig entrückt, während Schmidt seine mit Zahlen gespickte Berichterstattung fortsetzte.

Ja, klar hätte Spalinger im Grunde lieber seinem Finanzchef zugehört, besonders wenn der für einmal erfreuliche Neuigkeiten zu vermelden hatte.

Dazu kam, dass die globalen Märkte schon seit Monaten verrückt spielten. Und die Notenbanker ebenso.

Es drohte ein wüster und langwieriger Rechtsstreit mit ausländischen Behörden.

Die Personalfluktuation bewegte sich gemäss Workforce Management auf einem Allzeithoch.

Aufsichtsbehörde und Analysten hockten der Bank mit dummen Fragen im Nacken.

Und in der IT standen wichtige, um nicht zu sagen richtungsweisende Entscheidungen an.

Und so weiter und so fort.

Die Dinge in der Bankenwelt waren heutzutage komplex und fordernd.

«Ja, klar», sagte Spalinger abermals, ohne seinen Blick vom Fenster abzuwenden. Schmidt hatte sein Reporting längst beendet.

Ja, klar hätte sich Spalinger im Grunde nicht nur lieber um seinen Finanzchef und die Zahlen gekümmert, sondern um das ganze Unternehmen, die Mitarbeitenden und auch die Kunden. Und möglicherweise hätte er sich sogar höchstpersönlich mit diesen mediokren Analysten herumgeschlagen.

Man musste ihm das glauben.

Aber ihm fehlte schlicht die Zeit.

Denn er war viel zu beschäftigt.

War immerzu mit sich selbst beschäftigt.

Hauptbildnachweis: Walter Hollenstein