Nachkaufanleihen sind kein Ruhekissen

Anleihen erfreuen sich neuer Beliebtheit. Mit «Nachkaufanleihen» springen Banken auf diesen Zug auf. Doch es ist Vorsicht geboten.

Die Zentralbanken ziehen in der Geldpolitik die Zügel an, an den Finanzmärkten steigen die Zinsen und Renditen. Da heisst es schon seit einiger Zeit: Willkommen zurück in der Welt der Anleihen. Die Festverzinslichen locken mit einer höheren Sicherheit im Vergleich zu Aktien, absehbaren laufenden Einnahmen und festen Rückzahlungsbeträgen. Banken lassen sich nicht lange bitten. Gerne stimmen sie in das Versprechen von Ruhe in unruhigen Zeiten ein. Aber ein wenig trickreicher darf es schon sein. Der neueste Schrei sind sogenannte «Nachkaufanleihen». Um es gleich zu sagen: Mit Festverzinslichen haben diese strukturierten Produkte nur am Rande zu tun. Korrekterweise bezeichnet zum Beispiel die Deutsche Bank ihr Produkt denn auch als «Nachkauf-Zertifikat». Und wie Derivate allgemein unterliegen die Nachkaufpapiere dem Emittentenrisiko seitens der Bank als auch dem Verlustrisiko zum Fälligkeitstermin.

Barkomponente und Aktienindex

Neben der Deutschen Bank gehören die französischen Institute BNP Paribas und Société Générale zu den wichtigsten Anbietern von «Nachkaufanleihen». Sie bestehen aus zwei Bestandteilen, einer Barkomponente mit festem Zins (bei der Deutschen Bank 2,45 Prozent) und einer Index-Komponente, am beliebtesten ist dabei der Euro Stoxx 50. Und so funktioniert es. Die Gelder der Anleger werden am Beginn zum Beispiel je zur Hälfte auf die Bar- und die Indexkomponente aufgeteilt. Die Grundidee: Wenn der Euro Stoxx 50 schwächelt, wird nachgekauft und Geld vom Bar- in den Indexteil, den sogenannten Basiswert transferiert. Dahinter steht die Überlegung, bei nachgebenden Aktienkursen zuzukaufen und sich so für den nächsten Kursaufschwung zu rüsten. Die Anleger müssen nichts dafür tun, die Umschichtung geschieht automatisch, dies allerdings nur in Richtung Index.

Wie Derivate allgemein unterliegen die Nachkaufpapiere dem Emittentenrisiko seitens der Bank als auch dem Verlustrisiko zum Fälligkeitstermin.

Jürgen Dunsch, Wirtschaftsjournalist

Wie das geschieht, sei am Beispiel des Zertifikats von BNP Paribas erläutert. Wenn der Euro Stoxx verliert, wird in Zehn-Prozent-Schritten umgesteuert und zwar jeweils 12,5 Prozent des Startkapitals. Beträgt dieses 1000 Euro, lösen zehn Prozent Kursverlust den ersten Transfer von 125 Euro vom Bar- in den Indexteil aus. So geht es weiter. Nach 40 Prozentpunkten Kursverfall steckt der Gesamtbetrag im Euro Stoxx 50. Zinsen gibt es dann natürlich nicht mehr. Wie eine Anleihe besitzt das Zertifikat einen festen Rückzahlungstermin, in diesem Beispiel liegt er im Juli 2026. Wie hoch der Baranteil dann ist, hängt vom Kursverlauf des Euro Stoxx ab.

Anleger können sich nicht in Sicherheit wiegen

Wie der Anleger am Ende dasteht, ist ungewiss. Die Finanzplattform finanzen.net formuliert es so: «Im Optimalfall sinkt der abgebildete Index zunächst und steigt dann steil nach oben. Aber auch ein stetiger Kursverlauf ist gut. Selbst bei einem seitwärts laufenden Indexanstieg können Sie sich in der Regel über gute Zinsen freuen.» Das kann, muss aber nicht so sein. Vor den Unwägbarkeiten der Finanzmärkte schützt auch dieses Derivat nur begrenzt. Vielleicht liegt der Euro Stoxx 50 am Ende der Laufzeit am Boden, und die Auszahlung ist entsprechend mickrig. Schweizer Anleger müssen daneben das Euro-Währungsrisiko beachten. Vor allem aber: Die Investoren sind nicht frei, den Euro-Aktienkorb dann zu verkaufen, wann es ihnen günstig erscheint. Anlegern wird regelmässig empfohlen, bei Aktien einen «langen Atem» zu haben. Ob dafür die Zeitspanne bis Juli 2026 reicht, steht in den Sternen des Börsen-Firmaments. Die «Nachkäufer» können nur hoffen, dass ihr Basiswert allfällige Index-Verluste bis zum Fälligkeitsdatum zumindest wettmacht. Entsprechend empfiehlt die Deutsche Bank ihr noch bis Februar 2025 laufendes Zertifikat nur Privatanlegern mit einem «kurzfristigen Anlagehorizont».

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