Konjunktur für Subventionsjäger

Wo Unsicherheit herrscht, ist der Ruf nach staatlichen Hilfen nicht weit. Die aktuelle Lage bestätigt das.

Was wäre der heutige Mensch ohne Rankings? Messbar ist offenbar alles, selbst der Faktor «Unsicherheit» bleibt nicht aussen vor. Seit 1996 erhebt das britische Forschungsinstitut Economist Intelligence Unit einen sogenannten World Uncertainty Index. Der jüngste Befund erscheint besorgniserregend. In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Unsicherheitsfaktor in den Länderberichten der Forscher von der Insel mehr als verdoppelt. Die Folgen können vielfältig ausfallen, eine naheliegende Konsequenz wird aber leicht übersehen. Unsicherheit ruft zunächst einmal Subventionsjäger aller Couleur auf den Plan. Ihre gut geölten Maschinen stehen bereit.

In der Idealverfassung für Subventionsjäger zahlen alle Steuerbürger für eine auserwählte Zahl von Begünstigten. Leistungslose Einkommen ersetzen die Erträge durch Arbeit und Erfindungsreichtum.

Jürgen Dunsch, Wirtschaftsjournalist

Der Grund leuchtet rasch ein. Subventionen verheissen in der grossmäuligsten Form Fortschritt, im bescheideneren Anspruch zumindest Sicherheit. Behauptete Verarmung wird begrenzt, Kranke werden vor zusätzlicher Unbill geschützt, Unternehmen vor Pleiten bewahrt. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Politiker machen mit Blick auf ihre Wiederwahl in der grossen Aufzählung gerne mit.

Gefahren drohen von allen Seiten

In der Idealverfassung für Subventionsjäger zahlen alle Steuerbürger für eine auserwählte Zahl von Begünstigten. Leistungslose Einkommen ersetzen die Erträge durch Arbeit und Erfindungsreichtum. Der Eindruck grosser Gefahren heizt den Subventionswettlauf an. In jüngerer Zeit ist da viel zusammengekommen. Erst war es Corona, dann der Ukraine-Krieg und die Energieknappheit, inzwischen auch Inflation, Zinsschrauben, Rezessionsbefürchtungen und die um sich greifende Staatsverschuldung rund um die Welt. Für den IWF gelten mindestens 41 Länder als stark verschuldet. Und im Hintergrund tönt ohne Unterlass die Klimakatastrophe, die vor allem Jüngere ängstigt. Mit dem zur Abstimmung stehenden Klimagesetz plant die Schweiz einen weiteren grossen Subventionshebel, der bis 2050 das Land klimaneutral machen soll. Verteilt auf zehn Jahre kosten die Förderprogramme laut Abstimmungsbüchlein vorerst bis zu 3,2 Milliarden Franken. Mitnahmeeffekte sind garantiert. In der Sackgasse des bürokratisch verhängten Atomausstiegs soll in Deutschland der Strompreis energieintensiver Unternehmen mit Milliarden künstlich verbilligt werden. Geschätzte Kosten: zumindest anfangs 6 Milliarden Euro im Jahr. Kritiker der Standortverteidigung, die zum Beispiel auf die Begünstigung auch nicht mehr lebensfähiger Zombie-Unternehmen verweisen, finden kaum mehr Gehör. Die befürchtete

«Deindustrialisierung» schlägt alles.
Subventionen haben ein zähes Leben, und es kommen immer neue invasive Arten. Auch Kleinvieh macht Mist. Die Filmförderung lässt sich der Bund 43 Millionen Franken im Jahr kosten. Die Stadt Bern verwöhnt ihre Angestellten mit einem Pensionsalter 63. Aber rasch geht es in die grossen Zahlen. So stimmen die Zürcher am 18. Juni über einen 300 Millionen Franken schweren Wohnraumfonds ab, als könne damit für breite Schichten die Wohnungsnot in der Wirtschaftsmetropole sichtbar gemildert werden.

Subventionen klingen verführerisch

Staatliche Stützen können durchaus Sinn machen. Das Fatale an Subventionen ist aber, dass sie sich immer und auf den ersten Blick eingängig begründen lassen. Gefahrenabwehr, Abbau von Benachteiligungen, sogenannte Anstossfinanzierungen: Die Argumente spriessen in reicher Zahl. Dies geschieht besonders in einer Gesellschaft, die von der Forderung nach Wohlstandswahrung auf die nach einer staatlichen Wohlfühlgarantie hinausgreift. Allein die Subventionen des Bundes betragen rund 48,5 Milliarden Franken im Jahr oder fast zwei Drittel der Gesamtausgaben. 38 Milliarden davon seien aus wohlfahrtstheoretischer Sicht fragwürdig oder sogar überflüssig, schätzt das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern. Wer will, kann im stillen Kämmerlein schauen, von welchen staatlichen Hilfen er oder sie profitiert. Das Ergebnis dürfte überraschend bis bedrückend ausfallen.

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