Die Geschichte der Krawatte

Die Krawatte gehört traditionell zur Herrengarderobe, ist aber gelegentlich auch ein beliebtes Accessoire bei Frauen. Doch wo hat der längliche Textilstreifen seinen Ursprung? Wer auf das modebewusste Italien tippt, liegt falsch. Richtig ist, dass kroatische Soldaten im Jahr 1663 in Frankreich als Bestandteil ihrer Uniform ein zur Fliege gebundenes Tuch trugen, wobei das längere Ende über die Brust hing. König Ludwig XIV zeigte sich von dieser Zierde so beeindruckt, dass er sie für alle Männer an seinem Hofe zur Pflicht machte. Der Vorläufer der Krawatte wurde damit salonfähig.

Die modische Initiative von König Ludwig XIV blieb nicht unbemerkt: In der Folge verbreiteten sich die besagten Tücher auf der ganzen Welt und wurden über die Zeit immer weiterentwickelt. Damit man sie beispielsweise nicht mehr aufwendig binden musste, wurden sie mit praktischen Verschlüssen versehen. Gleichzeitig signalisierte der modische Mann mit einem Stück Stoff um den Hals seine gesellschaftliche Zugehörigkeit. So trug der Adel vorzugsweise schneeweisse Seidentücher, während dem sich das Proletariat mit bunten Baumwolltücher schmückte.

Nach kroatischer Art
Die Bezeichnung «Krawatte» bedeutet «nach kroatischer Art», eben à la cravate. Mitte des 19ten Jahrhunderts begann in Europa die Geschichte des Vorläufers unserer heutigen Krawatte. Bis in die 50er Jahre des 20ten Jahrhunderts wurde sie in kurzer Länge getragen. Im Verlauf der Zeit wuchs ihre Länge allerdings immer mehr an. Heute ist sie in unterschiedlichsten Ausführungen und Varianten erhältlich. Es gibt sie in allen Längen und Breiten sowie in zahlreichen Materialien. Gefertigt aus edler Seide steht sie aber bis heute hoch in der Gunst ihrer Träger.

Ein Mann ist soviel wert wie seine Krawatte. Durch sie enthüllt sich sein Wesen, in ihr manifestiert sich sein Geist. Der Geist des Mannes zeigt sich in seiner Fähigkeit, die Krawatte zu binden.

Honoré de Balzac, französischer Schriftsteller, (1799 – 1850)

Ohne Schlips kein Roulette
Ursprünglich war die Krawatte vor allem dem Adel und dem gehobenen Bürgertum vorbehalten, bevor sie anfangs des 20ten Jahrhunderts zu einem Symbol erfolgreicher Geschäftsleute wurde. Ohne Schlips durfte lange Zeit kein Bankier zur Arbeit erscheinen. Und auch wenn sich die Kleidervorschriften – nicht nur innerhalb der Finanzindustrie – gewandelt haben, hat die Krawatte immer noch einen festen Platz in der Garderobe eines jeden Grandseigneurs. So ist in den meisten gehobenen Spielcasinos dieser Welt bis heute ein dunkler Anzug mit Krawatte Pflicht und zwingende Voraussetzung für den Einlass. Dennoch hat das Stoffstück in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren. Wer jedoch glaubt, dass die Krawatte ausstirbt, irrt. Sie geht mit der Zeit und reflektiert bis heute gesellschaftliche Veränderungen, ist also eine Art modischer Gradmesser.

Marlene Dietrich mit Krawatte
Obwohl der französische Schriftsteller Honoré de Balzac die Krawatte ausschliesslich an seinen männlichen Geschlechtsgenossen verortete, war sie schon seit Ende des 17. Jahrhunderts Teil der Reitbekleidung für Frauen. Später wurde sie auch bei Seglerinnen und Radfahrerinnen sowie ab 1900 sogar bei Frauenrechtlerinnen getragen. Während der ersten Feminismus-Welle Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Krawatte für die Frau zum ersten Mal richtig in Mode. Als Marlene Dietrich in den Dreissigerjahren in Hosen durch die Pariser Strassen flanierte und dabei Krawatte oder Fliege trug, durfte sie sich der Blicke der Passanten sicher sein – Honorè de Balzac hingegen wäre wohl wenig entzückt gewesen.

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