Trumps aggressiver Einsatz von Zolldrohungen verunsichert die Märkte
Am Montag, den 3. Februar, fielen die Aktien weltweit und der Dollar stieg, nachdem bekannt wurde, dass die USA ab Dienstag, den 4. Februar, Zölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China erheben wollten. Später am selben Tag wurde bekannt, dass die Zölle auf Mexiko und Kanada nicht nach dem ursprünglichen Zeitplan eingeführt, sondern für einen Monat ausgesetzt werden sollten, was zu einer gewissen Umkehr der Marktreaktion führte. China konterte mit Zöllen von 10 bis 15 Prozent auf eine Reihe von US-Waren (ab 10. Februar) und einer kartellrechtlichen Untersuchung gegen Google.
Die Marktreaktion zeigt, wie schwierig es für Anleger ist, politische Massnahmen wie Zölle zu bewerten. Die Finanzmärkte warten nicht ab, bis sie alle Details kennen, bevor sie die möglichen Auswirkungen bewerten, was zu einer erhöhten Volatilität in allen Anlageklassen führt.
Sind Zölle nur eine Verhandlungstaktik?
Das Weisse Haus erklärte, die Zölle zielten darauf ab, Druck auf die drei Länder auszuüben, um die illegale Einwanderung und den Drogenfluss in die USA zu bekämpfen. Bislang scheint dies zu gelingen, denn Mexiko und Kanada haben sich bereit erklärt, im Gegenzug für einen Aufschub des Inkrafttretens der Zölle die Grenzsicherung zu verschärfen. Ein ähnliches Szenario erlebten wir im Januar, als Kolumbien US-Militärflügen mit abgeschobenen Migranten die Einreise verweigerte. Die USA drohten Kolumbien mit Handelszöllen. Daraufhin erlaubte Kolumbien den Flugzeugen die Einreise und vermied die Verhängung von Zöllen. Die Zölle auf Mexiko und Kanada wurden jedoch ausgesetzt, nicht abgeschafft. Präsident Trump hat seine Plattform, einschliesslich der sozialen Medien, genutzt, um die Zölle zu erklären. Er scheint bereit zu sein, den potenziellen wirtschaftlichen Schmerz in Kauf zu nehmen, den sie in Form von Kurseinbrüchen an den Börsen und höheren Preisen für die US-Verbraucher verursachen können. Aus dieser Perspektive können Anleger nicht davon ausgehen, dass die Zolldrohungen eine reine Verhandlungstaktik sind.
David Rees, Head of Global Economics, SchrodersAngesichts der Zölle auf chinesische Exporte in die USA besteht für EU-Unternehmen die Gefahr, dass China seine Produkte in der EU abstösst.
Wie umfangreich sind die vorgeschlagenen Tarife?
Am Wochenende vom 1. und 2. Februar erliess Trump eine Verfügung, die Zölle in Höhe von 25 Prozent auf alle Importe aus Mexiko und Kanada (mit Ausnahme eines 10-prozentiges Zolls auf Öl aus Kanada) sowie einen zusätzlichen 10-prozentigen Zoll auf Importe aus China vorsieht. Während seiner ersten Amtszeit hatte Trumps Handelskrieg mit China nur minimale Auswirkungen auf die Inflation. Die Preise der 11 von den Zöllen betroffenen Kategorien stiegen um 2,5 Prozent, was nur etwa 0,1 Prozent zur Inflation des US-Kerninflationsindex (Konsumentenpreisindex) beitrug. Die angekündigten Zölle auf Kanada und Mexiko dürften jedoch grössere Auswirkungen haben, wenn sie so strikt umgesetzt werden, wie ursprünglich vorgeschlagen. Ein Grund dafür ist, dass ein viel grösserer Anteil des Handels erfasst würde, wenn Mexiko und Kanada betroffen wären. Auf diese Länder entfallen 28,3 Prozent der gesamten US-Importe gegenüber 13,6 Prozent für China.
Was wären die wirtschaftlichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Zölle für die USA?
Die Zölle auf Mexiko und Kanada wurden für einen Monat ausgesetzt, aber jede Einführung von Zöllen deutet auf eine höhere Inflation und ein geringeres Wachstum der US-Wirtschaft hin. In unseren jüngsten Wirtschaftsprognosen haben wir ein Szenario skizziert, das wir «Aggressive Trump» nennen. Dieses Szenario geht von umfassenderen Zöllen aus als bisher angekündigt, sowie von umfangreichen Abschiebungen von Migranten.Die Wachstums- und Inflationsprognosen würden sich in die in diesem Szenario skizzierte «stagflationäre» Richtung bewegen, wobei sich die Wachstumsaussichten für die USA bei gleichzeitig höherer Inflation abschwächen würden und für den Rest der Welt ein geringeres Wachstum und eine niedrigere Inflation zu erwarten wäre. Allerdings ist die US-Wirtschaft jetzt viel stärker als während Trumps erster Amtszeit. Die relativ starke Nachfrage bedeutet, dass die Unternehmen besser in der Lage sein werden, Preiserhöhungen weiterzugeben. Der starke Dollar und die niedrigeren Gewinnmargen der Unternehmen werden zwar immer noch einen Teil der Kosten übernehmen, aber wahrscheinlich nicht mehr so viel wie in der Vergangenheit.
Abb. 1: Zollnachrichten lassen den Dollar steigen

Der Dollar legte am Montag als Reaktion auf die Zolldrohung erneut zu, während andere Währungen schwächer wurden, um den Wettbewerbsdruck auszugleichen. Darüber hinaus tendiert die Risikobilanz der US-Geldpolitik dazu, in diesem Jahr keine weiteren Zinssenkungen vorzunehmen, während andere Regionen (Eurozone, Grossbritannien) im Lockerungsmodus bleiben. Der Dollar ist jedoch stärker, als die Zinsdifferenzen allein vermuten lassen. Die Diskrepanz könnte auf eine «Trump-Prämie» für den Dollar angesichts der Zölle und der fiskalischen Unsicherheit zurückzuführen sein.
Können die betroffenen Länder die Zölle umgehen?
In der ersten Amtszeit von Präsident Trump stand China im Mittelpunkt der Zölle. Und China hat einen Grossteil der Zölle vermieden, indem es seine Waren über Drittländer, darunter Mexiko, umleitete. Eine Umleitung der Waren wäre für Mexiko und Kanada natürlich viel schwieriger, da die Waren über den Landweg transportiert werden. Das bedeutet, dass die Auswirkungen dieser Zölle, falls sie erhoben werden, dieses Mal wahrscheinlich grösser sein werden als in Trumps erster Amtszeit.
Was bedeutet das für China und die EU?
Es wird erwartet, dass Trump in den kommenden Tagen mit Präsident Xi Jinping zusammentrifft, so dass die Möglichkeit besteht, dass ein Kompromiss erzielt werden könnte. Sollte dies nicht der Fall sein, wird China wahrscheinlich seine Währung abwerten, um die Auswirkungen der Zölle auszugleichen, wie es bereits im ersten Handelskrieg der Fall war. Die Behörden werden sich des Risikos bewusst sein, dass eine schwächere Währung die ohnehin schon schwache Stimmung im Land noch weiter verschlechtert. Aber die rasche Einführung von Zöllen erhöht auch die Wahrscheinlichkeit eines grösseren fiskalischen Stimulus zur Unterstützung des inländischen Wachstums. Bislang wurden keine Zölle auf die EU angekündigt, obwohl Trump zuvor gesagt hat, dass er dies beabsichtigt. Angesichts der Zölle auf chinesische Exporte in die USA besteht für EU-Unternehmen die Gefahr, dass China seine Produkte in der EU abstösst. Sollte sich das Gespräch auf Europa verlagern, wird die EU wahrscheinlich ein Abkommen aushandeln wollen, bevor die Zölle in Kraft treten. Europa könnte versuchen, mehr Waffen und LNG (Flüssigerdgas) aus den USA zu kaufen. Die EU erwirtschaftet Aussenhandelsüberschüsse (d.h. sie exportiert mehr als sie importiert), und wenn sie aufgrund von Zöllen die Nachfrage aus den USA verlieren würde, wäre es schwierig, diese durch Nachfrage aus anderen Ländern zu ersetzen.