Die gute Stimmung an den Aktienmärkten braucht laufend neue Nahrung, um gut zu bleiben – Erwartungen erfüllen reicht nicht mehr
Die derzeit gute Stimmung an den Märkten braucht laufend neue Nahrung, um gut zu bleiben. Dabei reicht es manchmal nicht, wenn Konjunkturdaten, Unternehmensergebnisse oder Notenbankentscheide einfach die Erwartungen erfüllen. Es braucht mehr. Zuletzt war das nach der Fed-Sitzung vergangene Woche zu beobachten. Ihr «Weiter so» hat enttäuscht.
Vermutlich haben Sie die Situation auch schon erlebt: In der Einladung zur Geburtstagsparty hiess es «Nichts mitbringen, ausser gute Laune». Und als Sie taten, was von Ihnen erwartet wurde – nämlich gutgelaunt nichts mitzubringen –, konnten Sie sich des Eindrucks nicht erwehren, der Gastgeber sei doch ein wenig enttäuscht gewesen und hätte sich über eine kleine Aufmerksamkeit gefreut.
Ähnliches spielt sich auch an den Finanzmärkten immer wieder ab. Ein aktuelles Beispiel: Die US-Notenbank (Fed) kam vergangene Woche zu ihrer ersten Sitzung des neuen Jahres zusammen. Die Entscheide der amerikanischen Währungshüter waren wenig überraschend: Keine Leitzinsanpassungen, Weiterführung der monatlichen Wertpapierkäufe, unveränderte Einschätzung der Wirtschaftslage und anhaltende Bereitschaft, bei Bedarf noch mehr zu tun. Das entsprach der Konsensmeinung und war in den Kursen eingepreist – sollte man zumindest meinen. Doch die Marktreaktion fiel negativ aus. Der US-Aktienmarkt gab nach der Verkündung der Sitzungsergebnisse in einem bereits schwachen Markt weiter nach. Warum diese überraschende Reaktion?
Thomas Heller, CIO und Leiter Research, Schwyzer KantonalbankHäufen sich die Fälle, bei denen es nicht mehr genug ist, die Erwartungen der Aktienmärkte nur zu erfüllen, nähern wir uns einer kritischen Phase», sagt Thomas Heller, CIO und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank.
Zwei Schlagzeilen, die im Anschluss an die Fed-Sitzung über die Nachrichtenticker liefen, liefern einen Erklärungsansatz. Eine Schlagzeile lautete: «Dow-Flash: Deutliche Verluste – Keine positiven Überraschungen von der Fed». In der anderen hiess es: «Aktien New York: Talfahrt – 'Weiter so' der Fed enttäuscht». Nur die Erwartungen zu erfüllen war in diesem Fall offenbar zu wenig. Oder anders ausgedrückt: Die «echten» Erwartungen waren anscheinend höher.
Nach wie vor halten wir für den weiteren Verlauf der Aktienmärkte «verhaltenen Optimismus» für angebracht. Die Kurse sind allerdings schon weit gelaufen und die Bewertungen sind im Vergleich zu Anleihen fair, absolut jedoch hoch bis sehr hoch. Das heisst, die gute Stimmung an den Märkten braucht laufend neue Nahrung, um gut zu bleiben. Entweder in Form von über Erwarten positiven Konjunktur- und Unternehmensdaten. Oder dank zusätzlicher geld- und fiskalpolitischer Stimuli. Solche hat die Fed vergangene Woche nicht geliefert. Sollten die Fälle zunehmen, bei denen es nicht mehr reicht, die hohen Erwartungen zu erfüllen, nähern wir uns einer kritischen Phase. Wie bei einem Drogenabhängigen, der laufend Nachschub in immer höheren Dosen verlangt. Bekommt er ihn nicht, reagiert er verstimmt.